Unter den Konstellationen der Stadtratswahl 2014 hat kein zu wählender Bürgermeister eine eigene Mehrheit. Entscheidend für seinen Erfolg wird also das WIE seiner Amtsführung sein. Die für Bruck wichtigen Fragen wie Verkehr, Stadtentwicklung (nicht nur im Fliegerhorst) und Schaffen bezahlbaren Wohnraums für Brucker/innen, Bildungseinrichtungen, Kultur und Sport sehen alle Kandidaten gleichermassen. Gelöst werden können sie aber nur über mittelfristige Gesamtkonzepte und nicht über punktuelle Einzelfallentscheidungen. Gemessen an der bisherigen Amtsführung steht der Beweis der Lernfähigkeit eines Bürgermeisters Raff offensichtlich aus.

Mit einer Mischung aus ungläubigem Erstaunen und Erheiterung dürfen wir die aktuellen Informationen der CSU zur OB-Wahl kommentieren. „Das WIR entscheidet“, der Slogan der SPD zur vergangenen Bundestagswahl, hat die örtliche CSU offenbar zu neuen Höchstleistungen an Kreativität inspiriert. Der Eindruck setzt sich fort, wenn man die Seiten durchblättert. Fast fragen wir uns, ob Erich Raff demnächst die Senioren-AG der SPD beehren wird.

Das WIE entscheidet

OB-Kandidat Philipp HeimerlPhilipp Heimel hat sein Wahlprogramm als Erster bereits im Januar 2017 veröffentlicht. Natürlich freuen wir uns, wenn wir sowohl bei CSU wie BBV und Grünen fast 95%ige Übereinstimmung feststellen dürfen, der ursprüngliche Kandidat Lutzeier Auszüge in seinem Programm sogar wörtlich übernommen hat.

Kommunalpolitik, also Belange der Stadt FFB, hat mit Parteipolitik, Landes-oder gar Bundespolitik nichts zu tun. Ganz ohne Wahlkampfpolemik ist es also erfreulich, dass alle Beteiligten im Grundsatz am selben Strang für Bruck ziehen. Wie bisher unterstellen wir auch in Zukunft abseits gelegentlicher Meinungsverschiedenheiten im Detail allen Brucker Stadt“politikern“ diesen Willen.

Was uns unterscheidet: Das WIE. Aushilfsbürgermeister Raff spiegelt z.B. vor, die nur planungsrechtlich wichtige Frage einer B2-Verlegung im Auftrag des Stadtrats vorangetrieben zu haben. Der öffentlich bekannt gewordene Text seiner diesbezüglichen Anfrage ist dagegen ein einziger Hilferuf an seinen Parteikollegen Verkehrsminister Dobrint, ihm Argumente zur Hilfestellung gegen seinen renitenten Stadtrat zu geben. Die für Bruck bedeutende Frage der Zukunft einer Erstaufnahmestelle für Flüchtlinge im Fliegerhorst wurde von ihm trotz deutlicher Stadtratsbeschlüsse mit deutlicher Willfährigkeit gegenüber der Staatsregierung vorgetragen, die Besetzung der Brucker Verhandlungskommision CSU-dominiert, das jeweilige Verhandlungsergebnis regelmäßig im Stadtrat mehrheitlich kritisiert.

Diese Stadt braucht einen Brucker Bürgermeister. Der weiß, wo er herkommt und wo er hin will. Der für Bruck verhandelt und nicht für eine Parteilinie. Der übergreifende Konzepte aktiv entwickeln kann und nicht Punktlösungen verfolgt. Der für seine Vorstellungen Mehrheiten im Stadtrat findet, und umgekehrt auch vorgetragene Konzepte dieser Mehrheiten anerkennt und umsetzt. Und der mit Institutionen wie der Staatsregierung auf Augenhöhe verhandeln kann, weil er weder persönlich noch als CSU-Mitglied von deren Wohlwollen abhängig ist.

Lieber den Schmied wählen als den Schmiedel:

Lernziel bezahlbarer Wohnraum für Brucker/innen

Ausführlich referiert die CSU über Schaffung bezahlbaren Wohnraums . Diverse aktuelle Projekte im aktuellen Stadtgeschehen werden vorgestellt, die allesamt nicht von Erich Raff initiiert worden sind. „Vergessen“ wird, dass genau die örtliche CSU sich seit über 10 Jahren gegen sämtliche SPD-Anträge erfolgreich gestemmt hat, hier endlich aktiv zu werden. Das heute endlich angewandte Verfahren, bei Neubauvorhaben die Bauträger an den Folgekosten betreffend Infrastruktur zu beteiligen und sie zu verpflichten, einen angemessenen Anteil der entstehenden Wohnungen sozialgebunden vermieten zu müssen, stammt aus einem Stadtratsbeschluss aus der Ära Schumacher (SPD) Anfang der 90iger Jahre und wurde von ihrem Nachfolger Kellerer (CSU) nicht angewandt. Erst mit Beginn der (erhofften) Ära Pleil kam er wieder zur Geltung.

Vor dem Hintergrund der Wohnungsprobleme des Wirtschaftsfaktors Stadt München und der Flüchtlingsproblematik Ende 2015 wurde der bayrischen Staatsregierung bewusst, die Probleme bezahlbaren Wohnraums in Metropolregionen wie München doch nicht mehr ignorieren zu können, nachdem sie gerade die staatliche Wohnbaugesellschaft verkauft hatte. Entsprechende Programme wurden aufgesetzt, die allerdings an kommunale Bauträgerschaft gebunden waren. Prompt folgte nur Wochen später ein Stadtratsantrag der CSU, dementsprechend Möglichkeiten zu prüfen, eine kommunale Wohnbaugesellschaft zu errichten. Gleichgerichtete Anträge der SPD wurden aber zuvor durch eine CSU-Mehrheit stets verhindert.

So sehr wir uns über die inhaltliche Annäherung freuen: Reines Kopieren reicht nicht. Wir wollen die kommunale Wohnbaugesellschaft tatsächlich erreichen, weil sie als einzige gewährleisten kann, günstigen Wohnraum auch zuförderst den ansässigen Bürger/innen zugute kommen zu lassen. Nachdem Landrat Karmasin (CSU) solche Bestrebungen ablehnt, überlegen vorwiegend die SPD- und unabhängig geführten Kommunen des Landkreises (Olching, Puchheim, Gröbenzell), ein solches Projekt gemeinsam anzugehen. Gegen die aktuell bestehende Wohnungsnot muss außerdem sofort angegangen werden, während solche wichtigen Projekte erst in fünf bis zehn Jahren Wirkung zeigen werden.

So könnte ein kostenloses städtisches Wohnungsportal, das neben einer entsprechenden Online-Funktion auch einen persönlichen Ansprechpartner zur Verfügung stellt, ab übermorgen versuchen, Angebot und Nachfrage zusammen zu führen. Kostet nicht viel, kann aber moderne Alternativen wie „Wohnen gegen Hilfe“ oder Bürgergenossenschaften für Eigenbau sofort und tatkräftig unterstützen.

Lernziel Bahnhof Buchenau barrierefrei

Die SPD hat ganz maßgeblich dazu beigetragen, den geplanten (ursprünglich so genannten) barrierefreien Ausbau des Bahnhofs Buchenau erneut auf den Prüfstand zu stellen. Was Erich Raff und die CSU jetzt als ihren Erfolg verkaufen, musste durch das von uns mit gegründete Aktionsbündnis hart mit Unterschriftensammlungen für eine Petition erkämpft werden, und zwar anfangs gegen die von Erich Raff geleitete Stadtverwaltung.

Tatsächlich hatte nämlich der Stadtrat 2012 einer ursprünglichen, nachweislich nicht barrierefreien Variante einstimmig zugestimmt. Damals war er aber von Bahn und Staatsregierung vor die Alternative gestellt worden, dieser Planung zustimmen zu müssen oder eben gar keine zu erhalten. Vier Jahre später, nach Stuttgart 21 und den hochtrabenden Versprechungen der Staatsregierung zum Slogan „Bayern barrierefrei 2023“ haben sich die Sichtweisen etwas geändert und der vom Aktionsbündnis veranstaltete öffentliche Druck zeigte Wirkung.

Erst als die örtliche CSU bemerkt hatte, an diesem Thema nicht mehr „ungestraft“ vorbeizukommen, hat auch sie sich bewegt, beteiligt und ihre internen Hebel in Bewegung gesetzt. Im Sinne des letztlichen Erfolgs freuen wir uns auch hier wieder, dass der Weg zu einem wirklichen barrierefreien Bahnhof Buchenau nunmehr frei geworden ist und applaudieren neidlos Herrn Bocklet (CSU). Auch hier: Zum Lernziel erfolgreich hingetreten worden. Sollte ein Regionalzughalt im Bahnhof FFB quasi als Dreingabe herausspringen (war ja im Januar 2017 erst als unmöglich, dann als sofort machbar qualifiziert worden), doppelt Dank. Auf den dringlichen, seit 25 Jahren versprochenen Ausbau der S4 warten wir immer noch. Wir werden auch hier nicht aufgeben.

Lernziel Verkehr

Auch hier schwenkt die CSU widerstrebend auf unsere Linie ein, Fußgängern, Radfahrern und überhaupt dem öffentlichen, gemeinsamen Erlebnisraum deutlich größere Wichtigkeit zu verleihen als die Diskussion über angeblichen Dauerstau am Hauptplatz. Auch hier haben wir 2016 mit dem Vorschlag eines Radverkehrsplans neue Akzente gesetzt und freuen uns, dass diese in mittlerweile allen Vorstellungen zur Entwicklung von Aumühle/Lände ihren Niederschlag gefunden haben.

Technische und bauliche Veränderungsmöglichkeiten am Verlauf der B2 in unserer Innenstadt liegen seit fünf Jahren vor bzw. in den Schubladen der Stadtverwaltung. Noch immer hängt aber die CSU ihren Träumen von einer Deichenstegtrasse nach und mag auch jetzt nur versprechen, moderne Konzepte mangels eigener Alternativen halt dann auch zu verfolgen. Dieses Lernziel dürfte noch nicht erreicht sein. Da helfen auch keine Beteuerungen, wie gerne Herr Raff doch das Fahrrad benutzt. Sein Kollege, Landrat Karmasin (CSU), macht aktuell keinen Hehl daraus, Fahrradschnellwege nach München weder zu unterstützen noch prüfen lassen zu wollen.

Lernziel integrierte Konzepte der Stadtentwicklung

Da hapert es am Meisten, nur kann man das der hübsch gestalteten Broschüre vordergründig nicht ansehen. Bruck braucht ein ganzheitliches Konzept zur Weiterentwicklung, Rumdoktorn an bisschen Kita hier wo möglich, bisschen Sport dort, wo gerade Platz funktioniert nicht mehr in unseren Zeiten. Während der Stadtrat sich noch vor zwei Jahren ausführliche Redeschlachten lieferte, ob ein zukünftiges Stadtviertel Fliegerhorst drei- oder fünftausend neue Einwohner beherbergen sollte oder könnte, ist die Stadtbevölkerung in diesem Zeitraum um ebensolche Dimensionen von selbst gewachsen.

Für diese in Aussicht gestellte Erhöhung unserer Einwohnerzahl im Fliegerhorst wurden (staatlich gefördert) Mitarbeiter eingestellt, Konzepte erstellt, Gutachten angefordert und Ausschüsse eingerichtet, obwohl deren Realisierung in ferner Zukunft liegen. Die Bedürfnisse der 3000 Neubürger, die aktuell und tatsächlich bereits hier leben, werden am Rande abgewickelt, ohne Plan für Verkehrsfähigkeit, Klimaschutz, Nachhaltigkeit und Finanzierungsvermögen der Stadt.

Wenn dann von vernunftbegabter Seite dem seit nunmehr fast zwei Jahren amtierenden Aushilfsbürgermeister Argumente aus diesem Hintergrund entgegengehalten werden, reagiert dieser nicht mit Lösungsvorschlägen, sondern mit Anzeige-Drohungen. Einziges Argument: Angebliche Alternativlosigkeit, während seine Verwaltung sogar vom Stadtrat beschlossene Prüfung anderer Möglichkeiten schlicht unterlässt.
Dieses Lernziel ist nicht nur nicht erreicht. Hier ist keine Besserung in Sicht. Politik besteht eben genau im Aufspüren und Bedenken von Alternativen, auch und gerade im kommunalen Bereich. Wer das nicht kann noch will, sollte es besser lassen.

Homma no nia ned so gmocht

Wer das Singspiel des diesjährigen Nockherbergauftritts verfolgt hat, wird diese Zeile erinnern. Sie ist typisch auch für die Selbstdarstellung der örtlichen CSU. Das dargestellte Wahlprogramm unterscheidet sich von unserem höchstens im dargestellten Bedauern, durch gültige Bürgerentscheide eben jetzt auf solche Linien verwiesen worden zu sein (und im Schmücken mit fremden Federn). Weil aber jetzt nichts anderes mehr übrig bleibt, setzt auch die CSU auf die offensichtlichen Alternativen, die sie bis dato erfolgreich verhindert hat.

Im zitierten Singspiel ist das Ergebnis immer das Gleiche: Zehn Jahre später übernimmt die CSU dann doch die Anträge der Opposition als eigene und führt sie zum (eigenen) Erfolg. Beispiele siehe oben. Meistens haben sie wenig mit eigenem Denken zu tun, sondern mehr mit Wählerprognosen. Für die anstehenden OB-Wahlen möchten wir deshalb nochmals empfehlen:

Lieber den Schmied wählen als den Schmiedel