Grüne, CSU, FW und FDP stoppen Anstrengungen für bezahlbaren Wohnraum in Fürstenfeldbruck
Der Fürstenfeldbrucker Stadtrat hat in seiner Sitzung vom 21.07.2020 mit knapper Mehrheit städtischen Wohnungsbau am Sulzbogen endgültig aufgegeben. Ortsverein und Unterbezirk sowie die Stadt- und Kreistagsfraktion der SPD können diese Entscheidung nur kopfschüttelnd und erschrocken zur Kenntnis nehmen. Nach dem Vorzeigeprojekt einer städtischen Wohnanlage an der Parsevalstraße sollte bereits in der letzten Legislaturperiode mit dem Vorhaben am Sulzbogen ein zweites solches Projekt realisiert und fertiggestellt werden. Ursprünglich von OB Pleil auf die Schiene gesetzt, wurde es nach der Übernahme durch OB Raff immer wieder verzögert und torpediert, zuletzt durch angeblich nötige Umsetzung des dort mit eingeplanten Schülerhortes. Trotzdem hat der Stadtrat immer wieder ausdrücklich am Prinzip festgehalten, dort selbst eigenen Wohnraum schaffen zu wollen.
Dieses Prinzip war damals richtig und wäre es auch heute noch. Die wenigen Räumlichkeiten, die eine öffentliche Hand zum Schaffen eigenen Wohnraums noch zur Verfügung hat, müssten angesichts der Versäumnisse der Vergangenheit unbedingt genutzt werden. Nicht umsonst hat die SPD seit jetzt Jahrzehnten eine kommunale Wohnbaugesellschaft eingefordert. Zwar haben das mittlerweile auch Entscheidungsträger der CSU eingesehen, doch läuft die praktische Umsetzung nach wie vor schleppend. Angesichts des immer drängender werdenden Mangels an bezahlbarem Wohnraum und der daraus folgenden Ängste unserer weniger betuchten Mitbürger/innen aus unserer Sicht ein Skandal.
Deswegen ist für uns das Projekt Sulzbogen und der Umgang damit ein Musterbeispiel für eklatantes Fehlverhalten der Entscheidungsträger:
- Das Projekt wird von der Verwaltung schlecht gerechnet: Die Behauptung der Stadtverwaltung, kommunaler Wohnungsbau auf eigenem Grundstück könne über 70 Jahre nicht rentierlich dargestellt werden, ist schlichtweg nicht nachvollziehbar und wurde bisher auch an keiner Stelle finanziell vernünftig begründet. Eine Vergabe im Erbbaurecht mag für manche Projekte sinnvoll sein. In diesem Fall ergeben sich aber nur finanzielle Vorteile in der Anfangsphase des Projekts, weil hier Zinszahlungen erwirtschaftet werden im Gegensatz zu Kosten und Abschreibungen beim Eigenbau.
- Belegungsrechte ersetzen keine direkte Vergabe durch die Stadt: Der Eigentümer der Wohnungen kann trotz Belegungsrechte durch die Stadt, einzelne Personen ablehnen, so dass u.U. gerade diejenigen die am dringendsten eine Wohnung suchen, größere Familien oder Langzeitwohnungslose, weiterhin keine Möglichkeit haben eine Wohnung in Fürstenfeldbruck zu finden.
- Wohnungsvergabe an städtische Mitarbeiter wird erschwert: Die gezielte Vergabe an städtische Mitarbeiter ist durch die gewählte Konstruktion beinahe unmöglich, da die Entscheidung über die tatsächliche Belegung der Wohnung nicht in den Händen der Stadt ist, sondern immer erst mit dem Besitzer abgesprochen werden muss.
- Planungskosten sind dauerhaft verloren: Die Planungskosten sind aufgrund der Auslagerung des Hortes und der langen Konzeptionsphase bereits auf ca. 750.000€ angestiegen. Die Ablösung der Planungen mit 100.000 € sind daher nur eine minimale Entschädigung. Ein deutlicher Verlust für die Stadt ist zu befürchten, da eine endgültige Abrechnung nicht vorliegt.
- Beschlüsse des Stadtrats werden nicht umgesetzt: Der Oberbürgermeister hat die durch den Stadtrat erteilten Vollmachten zur Vergabe der einzelnen Gewerke für den Sulzbogen dazu genutzt, um ein bereits beschlossenes Projekt zu verzögern, zu verändern und letztlich nun ganz zu stoppen. Aufgrund der erhöhten Kostenanschläge bei den einzelnen Gewerken veranlasste Herr Oberbürgermeister Raff die Aussetzung der Maßnahmen und legte dem Stadtrat viel zu spät einen erneuten Beschluss zum Stopp des Baus vor. Der Beschluss des Stadtrates verschiedene Vergabeformen zu prüfen wurde nicht umgesetzt. Die Auslagerung des Hortes mit Stimmen der BBV und der CSU beschlossen führte aufgrund der Planungsveränderungen erneut zu Verzögerungen. Der letzte Schritt war nun der erneute Aufruf des Themas im Stadtrat, obwohl im zuständigen Ausschuss eine Mehrheit gegen die Weiterverfolgung der Angelegenheit votierte. Die krankheitsbedingten Ausfälle im Bereich Hochbau wurden im Ausschuss niemals thematisiert.
Zusammenfassend bleibt aus unserer Sicht festzuhalten: Wäre dieses ursprünglich einstimmig vom Stadtrat beschlossene Projekt nicht immer wieder torpediert und aufgeschoben worden, würden anstelle einer öden Baugrube am Sulzbogen bereits die ersten Mieter wohnen und sogar Schülerinnen und Schüler toben. Von den durch Verzögerung verursachten Baukostensteigerungen ganz zu schweigen.
Dieses letztliche Ergebnis schockiert uns aus einem weiteren Grund. Über sechs Jahre hat eine dauerhafte Koalition an der Notwendigkeit kommunalen Wohnungsbaus zur Lösung der Sorgen vieler unserer Bürger/innen festgehalten. Wir wähnten uns über Jahre hier auch in einem Konsens mit den Bündnis 90/Die Grünen und haben geglaubt, das auch ihrem aktuellen Wahlprogrammen zur Kommunalwahl 2020 entnehmen zu können. Ganz offensichtlich hat dieser Konsens auch bis zur Vorberatung im Ausschuss gehalten. Im entscheidenden Stadtrat aber haben eine ausreichende Mehrzahl dieser Fraktion, die 6 Jahre lang mit uns für kommunalen Wohnungsbau eingestanden ist, sich anders entschieden. Dasselbe ist selbstverständlich einer CSU vorzuwerfen und namentlich deren Teilen, die jetzt Freie Wähler sind. Die hatten in der letzten Legislatur des Stadtrats plötzlich ihr Herz für Wohnungssuchende entdeckt. Es wird sich wohl erst wieder vor den nächsten Wahlen öffnen.