Häufig wird kritisiert, der Planungsprozess Viehmarktplatz sei zum Stillstand gekommen. Tatsächlich sieht der Platz nach Jahren der Diskussion schlicht immer noch gleich aus. Der Begriff „Stillstand“ ist trotzdem falsch gewählt. Wir haben alle die Vorstellung verschiedener Baumodelle in Bürgerbeteiligungs-Veranstaltungen erleben dürfen. Kritische Bürgeranfragen zu Kosten und Nutzen wurden dabei regelmäßig abgebügelt mit dem Hinweis, es gehe ja zunächst um grundsätzliche Gestaltungsfragen. Als offenbar wurde, dass die gefragten Bürger im Gegensatz zur Fachjury das Loop-Konzept als Baukörper favorisieren würden, war auch das nicht recht.

Trotzdem ist der offensichtliche bauliche Leerlauf noch kein Beweis für Stillstand. Wir wissen durchaus mehr, viele Beteiligte leiden nur unter akuter Denkblockade und weigern sich, dem Sachstand ins Auge zu sehen und Farbe zu bekennen:

Viehmarkt als zukünftiges Stadtzentrum

Die millionenschweren Überlegungen zum Viehmarkt machen nur dann Sinn, wenn eine Übereinkunft der Bürgerschaft besteht, hier wirklich das zukünftige Stadtzentrum entstehen lassen zu wollen. Das wäre ein guter Plan, weil von hier abseits der Hauptstraßen gute und autoverkehrsfreie Verbindungen zu den Amperauen, einem zukünftigen Stadtviertel Aumühle/Lände und auch zu den Geschäften in der Schöngeisinger, Pucher und Hauptstraße realisierbar sind. Flanierbare Zonen und höhere Aufenthaltsqualität könnten fühlbar geschaffen werden.

Das bedeutet dann aber auch endgültigen Abschied von Träumen der 1990er Jahre, aus dem Hauptplatz eine Fußgängerzone zu machen und trifft deshalb geglaubt wirtschaftliche Interessen der dortigen Gewerbetreibenden. Zugleich bedeutet es die Anerkennung der Notwendigkeit, Hauptstrasse, Schöngeisinger und Pucher Strasse auch zukünftig dem Autoverkehr offen zu halten. Verkehrsvordenkern der letzten Jahrzehnte, die auf bauliche Umfahrungen der Innenstadt bestehen, werden zumindest Argumente entzogen.

Der eigentliche Kernaspekt bestünde also in dem Willen, im Viehmarktplatz das zukünftige Zentrum der Stadt sehen zu wollen. An diesem Bekenntnis fehlt es bis heute, obwohl sowohl Bedeutung wie Kosten dieser Planung gar nichts anderes aussagen können. Niemand betreibt einen solchen Aufwand, nur um „ein Plätzchen abseits der Hauptstrasse“ aufzuhübschen.

Wir wissen also: Der Viehmarktplatz soll eigentlich zukünftig Stadtzentrum werden. Wir sagen es nur nicht laut. Das könnte Bevölkerung und Gewerbetreibende unnötig beunruhigen.

Ich persönlich gehe davon aus, dass diese Generalthese zutreffend ist: Der Viehmarktplatz soll das zukünftige Stadtzentrum werden wie der Marienplatz in München. Wer dem nicht zustimmt, braucht gar nicht weiterzulesen.

Bleibt der Viehmarkt in städtischer Hand?

Mit dieser löblichen Ansage ist gerade die BBV in den Wahlkampf 2014 gestartet und hat auch viel Zuspruch geerntet. Es hat sich aber wie vorhergesagt herausgestellt, dass die Stadt nicht genügend Geld hat, hier einfach „was Schönes“ zu bauen. Sie muss nämlich zuerst mal Kitas und Schulen bauen und dann, wenn noch Geld übrig bleibt, für bezahlbaren Wohnraum sorgen, damit z.B. die Personale dieser Einrichtungen hier überhaupt leben können.

Die Haushaltsberatungen der letzten vier Jahre haben ganz offensichtlich gezeigt, dass die Stadt selbst auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein wird, hier selbst ein Gebäude zu errichten, geschweige denn, dasselbe mit geforderten Marktständen zu unterhalten.

Wir wissen also: Der Viehmarkt kann nur in städtischer Hand bleiben, wenn wir dort städtische Gebäude errichten, die wir im Rahmen der Pflichtaufgaben ohnehin bauen müssen. Schulen und Kitas sind für die nachhaltige Belebung eines zukünftigen Stadtzentrums eher weniger bedeutsam. Bliebe allenfalls, den anstehenden Rathausumbau tatsächlich hierher umzudirigieren. Für eine tatsächlich wirtschaftliche Belebung werden wir uns ansonsten mangels eigener Mittel also eines Investors bedienen müssen, der natürlich auch eigene Vorstellungen einbringen wird. Auch ich hätte gerne einen Viehmarkt in städtischer Hand. In den letzten fünf Jahren konnte die BBV mir aber keinen schlüssigen Weg zeigen, wie das gelingen kann.

Was gelingen kann: Wir machen weiter gar nix und verharren vor diesem Dilemma in andauernder Schockstarre ohne Entscheidung. Mitten in unserem Wohnzimmer leisten wir uns quasi den „Aschenbecher“ in Form von zubetonierten Parkplätzen. Geht auch.

Wer wird hier Tiefgaragen bauen und wo?

Ein Hauptziel wissen wir: Die Parkplätze sollen zugunsten einer besseren Aufenthaltsqualität verschwinden. Dazu müssen sie fraglos unter die Erde in eine Tiefgarage verschwinden. Falls dazu staatliche Fördergelder beansprucht werden sollen, müssen dann aber ebenso viele oberirdische Parkplätze verschwinden wie unterirdisch gebaut werden. Außerdem wissen wir natürlich, dass eine Tiefgarage als Erstes gebaut werden muss.

Andere Dinge sind bis heute nicht sicher geklärt, geschweige denn beschlossen: Wie viele Parkplätze werden tatsächlich benötigt vor dem Hintergrund, dass schon in der TG unter dem AEZ regelmäßig 100 Parkplätze leer stehen, weitere Tiefgaragen in der Nähe errichtet werden und in fußläufiger Entfernung am Volksfestplatz genügend Parkplätze zur Verfügung stehen? Ist der nördliche Viehmarkt wirklich der optimale Platz für die TG? Sie braucht dort extrem steile Rampen und ihre Zu- und Abfahrten über die Pucher Straße verbauen eine autofreie Zuwegung für Fußgänger und Radfahrer, was schon in den Bürgerveranstaltungen kritisiert wurde. Für den Fall eines Wegzugs von Hardy´s aus dem ehemaligen Kaufhaus X wäre ganz sicher eine TG unter den dortigen Parkplätzen die bessere Lösung. Sie behindert keine Verkehrswege, könnte an die AEZ-Garage angedockt werden und würde weitere Freiflächen in Verbindung zur Amper schaffen. Hier rächt sich, dass diese Frage aus den beauftragten Plangutachten ausdrücklich ausgeklammert wurde.

Weiter hängt die Frage der Finanzierung eben von der ersten Frage ab. Wenn sich die Stadt nur eine Investorenlösung leisten kann oder will, muss der Investor für die Errichtung der Parkplätze sorgen wie überall. Das Motto „wir bauen jetzt mal eine Tiefgarage, dann sehen wir weiter“ können wir uns schon gar nicht leisten, den späteren Unterhalt erst recht nicht.

Wie bringt man ein Herz aus Stein zum schlagen?

„Ein Herz aus Stein schlägt nicht!“ Das war das Motto, mit dem die vorherigen Planungen vom Platz gefegt wurde, aus heutiger Sicht durchaus zu recht. Was wir aber auch wissen: Ein Herz schlägt nur mit Arterien und gerade ein autofreies Stadtzentrum braucht attraktive Wegeverbindungen. Die müssen aber proaktiv im Vorfeld geplant und festgelegt werden und nicht wie jetzt beiläufig und halbherzig in anderen Planvorhaben wie Bebauung des Weiss-Areals oder Aumühle/Lände angemeldet werden. Das vorgelegte (Rad-)wegekonzept zu diesen Fragen wird bis heute freundlich belächelt.

Auch haben sich die Zeiten in den Jahren des Stillstands nochmals verändert. Innenstadtverödung, Ladensterben und die Konkurrenz von Amazon&Co für den lokalen Einzelhandel sind Probleme, die nicht die Stadt Fürstenfeldruck alleine betreffen. Es gibt genügend Strategiebeispiele, wie andere Kommunen das Problem angehen. Offenbar besuchen die Menschen die Innenstadt nicht mehr, um dort einzukaufen. Das erledigen sie übers Smartphone oder in der Buchenau. Gesucht sind städtische Bereiche mit hoher Aufenthalts- und Erlebnisqualität, in denen dann ein Einkaufserlebnis spontan und „by the way“ eingeschlossen wird.

Vor dem Hintergrund, dass wir hier die luxuriöse Möglichkeit einer kompletten Neuplanung haben, hätte sich der Stadtrat schon längst mit solchen Gesamtstrategien beschäftigen müssen anstatt es den Erfindern des obigen Mottos durchgehen zu lassen, stur auf die Idee von Marktständen zu bestehen (von denen bereits das vorherige Gutachten ausdrücklich abgeraten hatte).

Dabei kann durchaus eine Alternative darin bestehen, über den ohnehin nötigen Neubau des Rathauses oder eines Teils davon an dieser Stelle nachzudenken. Es gibt viele Punkte dafür und dagegen, auch hier wieder ggf. verändert durch Möglichkeiten eines Hardy-Wegzugs. Es bringt aber nichts, Luftblasen in den Raum zu stellen und diese dann dort hängen zu lassen. Denkverbote bringen genauso wenig wie Denkblasen, die dann lieber nicht ausdiskutiert werden.

Haben wir genug Markt oder braucht es auch Stände?

Gerade das Bestehen auf fest installierte Marktstände als Lösungsweg der aktuellen Protagonisten hat maßgeblich zu dem jetzigen unseligen Stillstand beigetragen. Auf dem Platz findet schon jetzt erfolgreich Marktgeschehen statt, welches die Bürger/innen unisono in den Veranstaltungen erhalten wissen wollten. Auch ohne feste Buden ließe sich das problemlos erweitern und durch Planung einer angemessenen Infrastruktur weiter verbessern. Das wusste man auch schon vor fünf Jahren.

Tatsächlich aber wurden auf Bitten des damaligen OB Pleil diese Stände als verbindlicher Teil (und nicht als Denkmöglichkeit) für die beauftragten Plangutachten vorgeschrieben mit der Folge, dass dieselben auch nur Entwürfe unter diesen Einschränkungen vorlegen konnten. Nachdem sich diese Konzepte wie zu erwarten durch ein weiteres Gutachten als wirtschaftlich nicht tragfähig herausgestellt hatten, mussten sie entsprechend nachträglich „aufgehübscht“ werden. Nicht immer zum Besten des ursprünglichen Konzeptgedankens. So gehen die Jahre ins Land und es wird munter weiter begutachtet, anstatt wenigstens Grundsatzentscheidungen zu treffen.

Es wäre zu wünschen, dass sich die bisher sturen Verfechter von Marktständen endlich von diesem Irrweg distanzieren. Dann könnten Bauplanung und aktuelle Strategien zur Belebung der Innenstadt sogar auch unter Beteiligung eines Investors wieder sinnvoll zusammengeführt werden. Genau letzteres ist ja das gemeinsame Ziel und ganz offensichtlich braucht es neue Wege dazu.

Bringt ein Wegzug von Hardy´s neue Optionen?

Ein Gutes könnte der jahrelange Stillstand nun doch haben. Es ist eine weitere, zuvor unbekannte Option aufgetaucht mit dem möglichen Wegzug des Hardy´s Fitnessstudios, Gastgeber der letzten Bürgerveranstaltungen zum Thema. Daraus können sich durchaus weitere Planungsmöglichkeiten für das gesamte Areal bis hin zum AEZ ergeben, sowohl was einen denkbaren Neubau des Gebäudes oder eine Umnutzung betrifft. Bis sich hier die Nebel lichten, werden aber erfahrungsgemäß weitere Jahre ins Land ziehen.

Die Frage ist konkret zu beantworten, ob wir das abwarten wollen bzw. ob ein möglicher Zuwachs an Nutzen weiteres Abwarten aufwiegen kann. Sicher nicht zielführend sind Tendenzen, ein Fitnessstudio als Frequenzbringer zu bezeichnen und deshalb vor Ort halten zu wollen. Diese Nutzung hat sicher weder mit Erlebnis- noch mit Aufenthaltsqualität zu tun. Vielleicht wird es aber auch die Zeit klären, wenn sich die Parteien weiter um grundlegende Antworten drücken.

Wir brauchen gemeinsame Zielvorstellungen statt Gutachten

Stillstand auflösen kann eben nur die Klärung solcher Grundsatzfragen. Wollen wir hier in stadtplanerischem Zusammenhang das zukünftige Stadtzentrum errichten? Können wir das als Kommune selbst? Wenn nein, wie lösen wir das auf.

Vor diesen Fragen drückt sich der gesamte Stadtrat seit seiner Wahl herum. Er plagt sich, wieviele Haushaltsmittel für das Projekt zu reservieren sind (die dann konkrete Anliegen blockieren). Es gibt aber keine konkreten Vorstellungen, weil eben alle Grundsätze offen sind und sich niemand bekennt, besonders nicht die Protagonisten der ursprünglichen Bürgerentscheide. Das ist die eigentliche Ursache für offensichtlichen Stillstand.

Gäbe es irgendwelche Vorschläge von Seiten derer, die eine klare Lösung für den Viehmarktplatz ihren Wählern vorgegaukelt haben, könnten wir die wenigstens kommentieren. Seit dem bedauerlichen Rückzug des Alt-OB Pleil ist von Seiten seiner Partei, der BBV, nicht ein einziger neuer Vorschlag gemacht worden, wie in der Sache konkret weiter verfahren werden soll außer dem regelmäßigen Ruf nach Geld (für was?).

Mein Vorschlag wäre:

  • der Viehmarktplatz wird zukünftiges Stadtzentrum und das würde auch als ausdrückliches Planungsziel definiert
  • deshalb die dazu nötigen autofreien Zuwegungen sofort festzulegen und sämtliche weiteren Planungen darauf auszurichten
  • die Grundsatzentscheidung herbeizuführen, ob nötige Bebauungen durch die Stadt erfolgen können und werden (wenn ja, wie) oder eben nicht
  • die Überlegungen des vorherigen bürgerbeteiligten Planungsprozesses „Leben findet Innenstadt“ (unterbrochen durch die Marktstände-Prämisse) wieder aufzugreifen und mit aktuellen Strategien gegen Innenstadtverödung auf neuen Stand bringen
  • auf dieser Grundlage über Anforderungen an mögliche Baukörper nachzudenken, die mit ziemlicher Sicherheit zu einer abgewandelten Loop-Konzeption führen werden (die ist nämlich die einzige, die dem Platz ein besonderes, besuchens- und erlebenswertes Aussehen geben kann).
  • Erst nach Klärung dieser Fragen über Tiefgaragen nachzudenken, weil diese nur notwendige Funktion darstellen, die aber den grundlegenden Zielen folgen müssen
  • Am Ende endlich ein integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK) zu erarbeiten, dass die zeitgleiche Weiterentwicklung des Viehmarktplatzes, der Aumühle und Lände sowie des Fliegerhorsts sinnvoll verbindet und in veträglicher Finanzierung im Zeitablauf abbilden kann