Der letzte OB hat für seine Amtszeit keinen einzigen gültigen Jahresabschluss vorgelegt. Die jedes Jahr entstandenen Überschüsse wurden so als Schattenhaushalt an den beschließenden Gremien vorbei geführt und haben dabei Größenordnungen erreicht, die weit über ein akzeptables Mass hinausreichen. Vielmehr werden diese so über die Finanzierbarkeit nötiger Investitionen für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt getäuscht.

In FFB wurde 2015 das Prinzip der doppelten Buchführung (Doppik) eingeführt, die in etwa der Rechnungslegung in der freien Wirtschaft entspricht. Dadurch sollen auch Abschreibungen auf Vermögenswerte erfasst werden und die Haushaltsführung ein genaueres Bild über die finanzielle Lage der Kommune geben. Ein nachvollziehbares Ziel, welches aber voraussetzt, dass die Finanzbuchhaltung auch so wie in der freien Wirtschaft arbeitet.

Dort muss nämlich der Jahresabschluss im Verlauf des Folgejahres erstellt werden und aktuell spätestens im darauffolgenden Jahr rechtswirksam vorgelegt werden. Kommunen unterliegen diesen handels- und steuerrechtlichen Vorgaben nicht. Das hat in FFB seit Einführung der Doppik ernsthafte Folgen:

Fehlende Abschlüsse bedeuten juristisch und für die Gremien Unkenntnis der Zahlen

Die rechtlich als Satzung jeweils zu Jahresbeginn beschlossenen Haushalte für das laufende (beginnende) Jahr spiegeln einerseits die Erfahrungen der Vergangenheit im Rahmen der laufenden Verwaltungstätigkeiten wieder, andererseits auch die aus dem politischen Beschlüssen heraus zu tätigenden Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Stadt. So weit, so gut.

Die Zahlenwerke spiegeln ja Prognosewerte wieder. Sie sind also Annahmen, welche Kosten für die Tätigkeiten laufender Verwaltungsarbeit einerseits sowie der politisch beschlossenen Investitionen in die Zukunftsfähigkeit der Stadt anfallen werden. Wie mehrfach dargestellt, sind diese Annahmen aus unserer Sicht nicht immer plausibel.

Zu einer sachlich fundierten Beurteilung wären aber weitere Zahlen erforderlich. Nämlich die Abschlüsse der Vorjahre, also die Gegenüberstellung der in diesen vergangenen Haushalten zunächst als Prognosewerte angesetzten mit den tatsächlich angefallenen Ausgaben und Einnahmen. Dort sind ganz logisch entweder Überschüsse oder Fehlbeträge eingetreten. Die letzte gültig festgestellte Bilanz wurde bisher für das Jahr 2016 erstellt und Ende 2019 beschlossen. Aus der ergab sich ein Überschuss von über 3 Mio. im Vergleich zur Prognose, zusätzlich ein Betrag von 4 Mio. der im Gegensatz zur Planung nicht investiert werden konnte.

Für die Folgejahre dürften ähnliche Werte anzusetzen sein. Das Problem liegt aber nicht allein in der Höhe dieser Zahlen, sondern dass die politisch beschließenden Gremien sie weder kennen noch über ihre Verwendung unmittelbar beschließen. Das Geld ist ja nicht verschwunden und in den Tiefen der Buchhaltung auch dokumentiert. Es ist „nur“ nicht abgerechnet und wird dann lapidar als „Haushaltsausgabenreste“ oder HAR bezeichnet.

Dem OB und seiner Finanzverwaltung ist selbstredend bekannt, in welcher Höhe solche Überschüsse aus Haushaltsresten vorliegen. Das führt dann dazu, dass Investitionen, die erst im Jahresverlauf abweichend von der in der Satzung festgeschriebenen Vorausschau als notwendig erscheinen und einer Stadtspitze genehm sind, mit dem Vermerk „Haushaltsmittel sind vorhanden“ versehen und so auch eher beschlossen werden. Den von uns beantragten Luftreinigern für Schulen wurde diese Einschätzung nicht zuteil (obwohl auch hier Haushaltsreste verfügbar gewesen wären). Hier wurde der Stadtrat in eine Sonderrunde gezwungen, an welchen beschlossen Haushaltsmitteln zur Finanzierung gespart werden müsse. So funktioniert Schattenhaushalt, und so wird die Entscheidungskompetenz des genau dazu gewählten Stadtrats ausgehebelt.

Eine sachlich angemessene Beurteilung von Entwicklungsmöglichkeiten der Stadt wird den Gremien verwehrt

So genannte Haushaltsreste wurden schon immer als „Reptilienfonds“ der Exekutive oder Notfallrücklage der Kämmerer bezeichnet, Bruck ist hier also kein Einzelfall. Die Dimensionen übersteigen bei uns aber Grenzen, wegen denen man nur noch von einem veritablen Schattenhaushalt sprechen kann. OB Raff hat für den Verlauf seiner endlich endenden Amtszeit keine einzige gültige Bilanz vorgelegt, obwohl seine damalige Kämmerin 2019 zukünftig die Vorlage von jeweils zwei ausstehenden Jahresabschlüssen versprochen hatte. Eine Hochrechnung der beiden einzig festgestellten Bilanzen ergibt, dass wir hier über Haushaltsreste zwischen 10 und 20 Mio.€ sprechen (die allerdings zu beträchtlichen Teilen auch wieder neu investiert worden sind). Zum Vergleich: Der aktuelle Ergebnishaushalt 2023 hat ein Volumen von ca. 96 Mio.€.

Wohl gemerkt: Es geht hier nicht um juristische Vorhaltungen oder „verschwundene Gelder“. Es geht darum, dass offenbar mit System regelmäßig und dauerhaft Beträge in zweistelliger Millionenhöhe einer fundierten Diskussion im Stadtrat über deren Verwendung entzogen werden. Unter anderem deswegen kann dieser auch keine korrekte Diskussion darüber führen, über welchen Finanzrahmen tatsächlich sinnvoll verfügt werden kann.

Diese Umstände hat übrigens auch die Finanzaufsicht regelmäßig moniert, sie werden aber von den Verfechtern des „was wir uns alles nicht leisten können“ ebenso regelmäßig ignoriert. Kreditrahmen kann die Finanzaufsicht nämlich nur im Rahmen dessen genehmigen, was tatsächlich durch Bilanzen auch abgerechnet worden ist. Ein Schattenhaushalt zählt nicht dazu.

Nachfragen zu diesem Thema werden regelmäßig nicht oder unzureichend beantwortet. Summa summarum führt diese Praxis jedenfalls dazu, dass seitens des Stadtrats die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stadt nicht angemessen beurteilt werden kann und regelmäßig schlechter beurteilt wird als tatsächlich gegeben. Ist schon diese fehlende Durchschaubarkeit ein genügend großer Mangel, um den darauf gründenden Entscheidungen nicht ehrlich zustimmen zu können. Vor allem aber geht es darum, dass wir seit 10 Jahren versäumte Investitionen in die Stadt nun endlich in Gang setzen müssen. Auf Basis derart schlecht gerechneter Zahlen ist das aber nicht möglich.

Zum Thema Haushalt 2023 und unsere Haltung dazu finden Sie weitere Infos in diesen weiterführenden Artikeln:

Haushaltsberatung 2023: Königsdisziplin des Stadtrats oder gesteuerte Selbsttäuschung?
Wie selbst geschaffene Sparzwänge der Stadt ernsthaften Schaden zufügen